
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer im L&L-Interview
Er gilt als der „deutsche Rückenpapst“: Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer widmet sich diesem Thema stetig wieder neu. Kürzlich hat er ein Buch veröffentlicht, in dem er anhand von Fallbeispielen aus seiner langjährigen Praxis einen Einblick in sein ganzheitliches, interdisziplinäres Gesundheitsverständnis gibt.
Da Rückenschmerzen neben Kopfschmerzen zu den häufigsten Schmerzproblemen gehören, bat das Land & Leben-Gesundheitsmagazin Grönemeyer um ein exklusives Interview, um seinen Lesern mit
Hilfestellungen und Tipps Wege zu einem besseren Wohlbefinden ebnen zu dürfen.
Land & Leben: Sie möchten mit Ihrem Buch zur Selbstfürsorge motivieren. Gibt es für Personen, die das Buch (noch) nicht gelesen haben, eine einfache Formel für einen gesunden Rücken?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Einen Masterplan habe ich nicht, denn keine Übung der Welt kann jeden fit für alle Fälle machen. Wichtig ist, dass man in Balance kommt zwischen
den verschiedenen Muskelgruppen, zwischen Körper und Seele und zwischen Anspannung und Entspannung. Dabei sind Motivation und Eigenverantwortung entscheidend. Beschwerden haben fast immer
Auslöser, die man selbst beeinflussen kann. Schon wer kleine rückengesunde Übungen regelmäßig in den Alltag einbaut, wird schnell positive und motivierende Erfahrungen machen und deswegen – so
meine Hoffnung – den gesunden Lebensstil fortsetzen. Im Grunde läuft es auch beim Rücken wie bei vielen anderen Beschwerden auf drei Punkte hinaus: Bewegung, Entspannung und gesunde
Ernährung.
Land & Leben: Welche Übungen kann man zu Hause relativ einfach umsetzen, um präventiv Rückenschmerzen vorzubeugen?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Es beginnt schon am Morgen mit bewusstem Wachwerden. Nicht sofort mit dem Klingen des Weckers aus dem Bett springen, sondern sich ein paar Minuten
gönnen, um den Tag langsam zu begrüßen und sich des neuen Tages und seiner Chancen bewusst zu werden. Sanftes Strecken gehört genauso dazu wie in seinen Körper hineinzuhorchen und festzustellen,
wie es einem emotional geht. Prinzipiell also den Tag achtsam angehen und mit positiver Grundeinstellung. Denn eine positive Haltung wirkt sich auf den ganzen Tag aus, auch wenn es ein
anstrengender werden könnte. Leichte Dehn- und Kräftigungsübungen, wie ich sie in meinem Buch vorgestellt habe, tun dann ihr Übriges.
Land & Leben: Auf S. 78 in dem Buch steht: Bewusstes und Unterbewusstes werden durch unseren Atem verschränkt. Wie kann der Mensch den Atemvorgang
bestmöglich steuern und was hat der Rücken davon?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Atmen ist ein körperlicher Reflex und geschieht automatisch. Aber der Mensch kann durchaus Einfluss darauf nehmen, den Atem steuern. Wenn wir
lernen, unseren Atem zu kontrollieren, können wir auf das unbewusste Nervensystem einwirken, ihn zu kontrollieren, entspannt den Muskeltonus, beruhigt das vegetative Nervensystem, wirkt Stress
entgegen und stärkt das Immunsystem. Das wirkt sich direkt auf den Rücken und seine vielen kleinen und großen Muskelgruppen aus.
Land & Leben: Warum ist gerade Tai-Chi sehr empfehlenswert?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Bei chronischen Rückenschmerzen ist das sanfte Tai-Chi besonders zu empfehlen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass diese
jahrtausendealte, sanfte „Kampfkunst“ bei regelmäßigem Üben die Gesundheit positiv beeinflusst. Wer langjährige Tai-Chi-Erfahrung hat, ist seltener von Verformungen der Wirbelsäule betroffen.
Dass die Bewegungen mit voller Aufmerksamkeit ausgeführt werden müssen, schärft Konzentration und Ruhe.
Land & Leben: Gibt es auch Tipps oder Anregungen von Kollegen, die in den Kontext der eigenen Formel für einen gesunden Rücken
passen?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Populär gemacht haben das Thema Faszien seinerzeit vor allem Sportmediziner wie Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt oder Physiotherapeut Klaus Eder mit
Blick auch die deutsche Fußballnationalmannschaft. Auch der Faszienforscher Robert Schleip hat mit seinen Vorträgen und Büchern beim breiten Publikum für großes Interesse an den Faszien vor allem
im Fitnessbereich gesorgt.
Land & Leben: Warum ist das Training mit den Faszien für den Rücken besonders wichtig?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Faszien schützen die Muskeln, umhüllen sie und haben aufgrund ihrer elastischen Mikrostruktur die Fähigkeit, Bewegungsenergie kurz zu speichern und
dynamisch wieder freizusetzen. Faszien sind – solange sie gesund und intakt sind – geschmeidig, elastisch und belastbar. Sie arbeiten prophylaktisch als körpereigene Abwehr von Verletzungen,
fangen Bewegung und Stöße ab, verhindern, dass die Muskeln aneinanderreiben, halten alles zusammen und unter Spannung. Was passiert nur, wenn die Faszien verschmutzt zu fest mit den darunter
befindlichen Muskeln hier werden sind? Dann stellen sich zum Beispiel Rücken- schmerzen ein. Hier bietet sich ein gezieltes und vor allem regelmäßig durchgeführtes Faszientraining an,
idealerweise im ersten Schritt unter professioneller Anleitung. Doch nicht nur Bewegungsmangel kann die Faszien schädigen, sondern auch Stress. Gegenmittel sind Massagen von geschulten
Therapeuten und Therapeutinnen und – wenn es richtig ausgeführt wird – das Training mit der Faszienrolle und sanfte Dehnungen.
Land & Leben: Die Kraft von Wärme und Kälte nutzen – kaltes Wasser: Wie schätzen Sie die Lehren von Sebastian Kneipp ein?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Er war seiner Zeit voraus – auch was sein Verständnis von einem wohlbefindlichen Leben angeht. Die Kneipp'sche Hydrotherapie kann durchaus schmerzhafte Muskulatur im Rücken- und Nackenbereich entspannen, entkrampfen und die Durchblutung steigern. Aber auch das Barfußlaufen und Tautreten sind eine Wohltat für den Rücken.
Land & Leben: Wie hilfreich kann das Barfußgehen (Fußsohlen werden dadurch massiert, und das Wohlbefinden strahlt subjektiv durch den ganzen Körper aus) in Bezug auf den Rücken sein?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Man kann das auf eine einfache Formel reduzieren: Geht es dem Fuß gut, macht auch der Rücken wenig Probleme. Wer viel barfuß läuft, stärkt und dehnt den gesamten Knochen- und Muskel- und Bänderapparat im Fuß mit Auswirkungen hinauf bis zur Wirbelsäule. Alles ist mit allem verbunden.
Land & Leben: Wie sollte man sich betten, um am Morgen nicht mit einem verspannten Rücken zu erwachen?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Ideal sind Lattenroste und Matratzen, die den Rücken bei der Erholung unterstützen. So sollte etwa der Lattenrost verschiedene flexible Zonen haben. Und wenn Sie mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin ein Bett teilen, so macht oft auch eine geteilte Matratze Sinn, wenn einer von Ihnen deutlich mehr oder weniger wiegt als der oder die andere. Mein Rat: Lassen Sie sich im Fachhandel oder von Schlafspezialisten zu Schlafsystemen beraten, liegen Sie Probe, kaufen Sie nicht einfach das nächstbeste Bett im Internet, in dem Sie vorher nicht probeliegen konnten. Ein guter Lattenrost und eine gute Matratze müssen nicht überteuert sein, bei sehr günstigen Angeboten wäre ich aber prinzipiell vorsichtig. An gutem Schlaf sollte man nicht sparen.
Land & Leben: Warum sollte man sich angewöhnen, sich vor dem Aufstehen zu dehnen?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Wie schon gesagt, nach dem Klingeln des Weckers sichein paar Minuten gönnen, um den Tag zu begrüßen und sich des neuen Tages und seiner
Chancen bewusst zu werden. Leichtes Dehnen und Strecken aktiviert den Energiefluss. Wichtig ist mir aber die bewusste mentale Einstellung, was erwartet mich heute an guten Dingen, ein schöner Tag
beginnt und ich freue mich darauf. Schon diese positive Grundeinstellung lässt Sie größer werden. Haltung annehmen und aufrecht durch den Tag durchs Leben schreiten. Denn Rücken ist eine Frage
der Haltung.
Land & Leben: Wie ist Ihnen die Übung zum Zähneputzen im Einbeinstand eingefallen? Gibt es noch „einfache“ Übungen mit viel
Wirkung, die nicht im Buch aufgeführt sind?
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Wer auf einem Bein steht, aktiviert alle Muskelgruppen im Fuß, Bein und Rückenbereich. Zudem wird die Koordination trainiert. Für mich ist das
morgens einfach ein Ritual, um die Zeit des Zähneputzens sinnstiftend zu überbrücken. Den Einbeinstand kann man zum Beispiel während des Tages auch auf einem Schaumstoffkissen ausführen. Das ist
noch anspruchsvoller, was den Trainingseffekt für den Rücken und die Koordination anbelangt.
Vielen Dank für das Interview
(rgp)
Website: www.tischlerei-wolff.info

Ein Beitrag aus dem Land & Leben Gesundheitsmagazin
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