Landwirtschaft: Bio vs konventionell, Gülle, ... zur aktuellen Diskussion

MIT den Landwirten reden und nicht ÜBER sie…

 

 ... wg aktueller Proteste von Landwirten.

 

Am 29.02.2020 hat die Land&Leben Redaktion einen Vor-Ort-Termin auf einem Landwirtschaftlichen Betrieb in Westertimke durchgeführt.  Dabei ging es um unterschiedliche Aspekte der aktuellen Diskussionen rund um Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik und Umweltpolitik;  aus den verschiedenen Sichtweisen von Landwirten, Politikern verschiedener Parteien und Verbrauchern.

 

 

Wir veröffentlichen diese Zusammenfassung dieses Gesprächs auch im Land&Leben Blog, da es voraussichtlich noch einige Zeit Diskussionen und Proteste rund um Gülle, Grundwasser und Tierwohl geben wird.

 

Ganz sicherlich kann dieser Beitrag keine umfassende Übersicht aller Aspekte bieten. Vielmehr ging es bei dem Treffen darum, statt ÜBER mal MIT den Landwirten zu sprechen, ... und umgekehrt.

 

Auf dem Foto:  die Vor-Ort Diskussionsrunde auf dem Westertimker Hof von Markus Sparre.

 

 

Sicherlich wird auch auf der Tarmstedter Messe im Juli das Thema noch in Gesprächen und Diskussionen vorkommen.  Somit soll dieser Beitrag einfach ein paar Aspekte rund um aktuelle Fragen um die Landwirtschaft festhalten.

 

 

Grund war unser Eindruck, dass die beteiligten Parteien Landwirte, Bürger und Politiker (den Handel hatten wir noch gar nicht bedacht) mehr miteinander kommunizieren müssen, um die auf der Hand liegenden Probleme zu erörtern und Lösungsansätze zu schaffen.

 

Also trafen wir uns mit den beiden Landwirten Markus Sparre, seiner Frau Jeniffer Schröter Sparre, Johannes Otten, Marcus Mohrmann (Landtagsabgeordneter CDU und Bürgermeister von Rhade), Jochen Albinger (ehrenamtlicher Bürgermeister von Bülstedt, SPD, Inhaber eines Meisterbetriebs für Isolierungen), Volker Kullik (Kreistagsmitglied, SPD, Ausschuß für Umwelt und Planung) und einigen interessierten Land & Leben-Lesern auf dem Hof von Markus Sparre in Westertimke zum Meinungsaustausch.

 

Der studierte Landwirt Markus Sparre führt den Hof in der elften Generation gemeinsam mit seiner Frau, der Erzieherin Jennifer Schröter-Sparre ganz im Sinne des Tierwohls.

 

Sie züchten Highlandcattle-Rinder und „Bunte Bentheimer Landschweine“, ganzjährig in Freilandhaltung. Der Hof ist aber kein Bio-Hof, das erklärte er eingangs so: „Gerade unser Schweinefleisch ist vom Tierwohl bedeutend höher als der Standard im ökologischen Landbau. Wo im konventionellen Landbau ein 100 kg-Schwein gesetzlich einen Platzbedarf von 1 m² zur Verfügung haben muss, ist es im ökologischen Landbau mit ca. 2,2 m² nicht sonderlich besser. Unsere Schweine haben ca. 80-120 m² zur Verfügung, allerdings nicht im Stall, sondern in ihrem Gehege. Dort können sie wühlen, sich suhlen, in der Sonne faulenzen und sich sehr viel bewegen. Außerdem schlachten wir ausschließlich in kleinen handwerklichen Betrieben. Großschlachtereien können bei uns nicht infrage. Bioschweine hingegen werden i.d.R. in Großschlachtereien geschlachtet, wo auch konventionelle Schweine geschlachtet werden.“

 

Sparres Freund und Nachbar Johannes Otten betreibt einen großen konventionellen Schweinemastbetrieb. Wir fragten uns, wie das zusammenpasst.

 

Johannes Otten: „Bei den aktuellen Protesten halten die verschiedensten Landwirte zusammen, egal ob Bio, konventionell oder nachhaltig aufgestellt, denn das Grundproblem betrifft alle Landwirte – gerade in unserer Region. Die starre Haltung der Politik, die EU-Anweisungen nun umgehend umzusetzen zeugt von einer langen Phase des Nichts-Tuns und trifft eben fast alle Bauern, die nun auf ihre Probleme aufmerksam machen (müssen).“

 

Das sieht übrigens auch der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies so, der jüngst bei „agrarheute“ folgendermaßen zitiert wurde: „Wir sind mitten drin in einem Vertragsverletzungsverfahren. Die EU schaut jetzt sehr viel kritischer auf die Nitratsituation, auch in Niedersachsen. Wenn wir nicht deutlich machen können, dass wir die Situation im Griff haben und sie verbessern, drohen erhebliche Vertragsstrafen. Wir haben also gar keine andere Wahl, wir müssen den Balance-Akt hinkriegen: Das Wirtschaften muss sich für Landwirte lohnen und das Grundwasser geschützt werden." 

 

Das eigentlich alle Landwirte an Nachhaltigkeit interessiert sind, da sie ja ihre Ländereien und Höfe weiter vererben möchten leuchtet ein und hier wurde bei dem Gespräch ein weiterer Punkt geklärt: Die Landwirte haben es satt zum Buhmann gemacht zu werden und sind durchaus bereit für Änderungen – nur sollte man ihnen einen breiteren Handlungsspielraum einräumen und nicht stur nach Gesetzeslage agieren.

 

Marco Mohrmann machte klar, dass die Lage wirklich schwierig und verworren ist, aber allein aufgrund der langen Zeit des Wartens nun dringender Handlungsbedarf herrscht. Marco Mohrmann: „Gerade ich weiß, wie schwer es für die Landwirte ist und möchte auch im Landtag mehr für sie tun. Wir brauchen meiner Meinung nach im Angebot den Mix, damit die Verbraucher entscheiden können, ob sie nun Bio, Nachhaltig oder Konventionell kaufen wollen. Wir brauchen aber auch und vor allem mehr Akzeptanz für angemessene Lebensmittelpreise und das Geld muss dann auch noch bei den richtigen Leuten ankommen und nicht im Handel steckenbleiben. Auch die Messverfahren sollten überprüft und überdacht werden, wir arbeiten gerade an einem neuen Grundwasser-Monitoring, dem sog. „Basis-Emissionsmonitoring“, mit dem die Messungen verbessert werden sollen.“

 

Jochen Albinger vertrat im Wesentlichen die Meinung, dass die Verbraucher und der Handel mehr Bereitschaft für angemessene Preise zeigen und die Landwirte natürlich umweltschonend und mit einem Blick auf das Tierwohl arbeiten sollten.

 

 

Die eingeladenen Leser diskutierten angeregt mit den Landwirten und Politikern. Bei uns entstand der Eindruck, dass sowohl die Bereitschaft in der Bevölkerung da ist, den Nahrungsmitteln und ihren Erzeugern mehr Wertschätzung entgegen zu bringen, als auch die Offenheit der Landwirte Dinge zu verändern. Alle Seiten bekräftigten, dass dieser Termin wichtig und richtig war und in Zukunft wiederholt werden sollte, um weiter miteinander im Gespräch zu bleiben. (hg)

 

 

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