Eine zentrale Säule des emissionsfreien Energiesystems?
Klimaschutzminister Robert Habeck möchte große Teile der Wirtschaft künftig mit Ökostrom laufen lassen. Solaranlagen sollen vermehrt auf landwirtschaftlichen Flächen entstehen. Doch das Beispiel
des Unternehmers Manfred Radtke, der in Bevern eine Solaranlage realisieren möchte, zeigt, dass der Wille zur erneuerbaren Energie oft neue Fragen aufwirft.
Warum Photovoltaik?
Fossile Energien steigen stetig im Preis, auch Strom wird teurer. Kosten für PhotovoltaikModule sinken, die Anlagen werden immer rentabler. Folgerichtig möchte der im Landkreis ROW wohnhafte
Radtke auf den Flurstücken 89/33 und 86/11 in Bremervörde-Bevern Konstruktionen errichten, bei denen auf den Dachflächen Photovoltaik-Module zur Erzeugung von elektrischem Strom, möglicherweise
zudem von thermischer Energie eingesetzt werden. Der Unternehmer gibt allerdings zu bedenken, dass durch die erforderliche exakte Positionierung der Dachflächen in Ost-/West-Ausrichtung
konstruktiv bzw. bauartbedingt marginale Überschreitungen (grüne Pfeile) der Baugrenzen im Osten, Norden und Westen ergeben würden. Das heißt nicht, dass seine Konstruktionen auf andere
Grundstücke hinüberreichen, sondern, dass die Abstände bis zur Grenze an besagten Stellen etwas geringer sind als vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehen.
Vereinfachte Ausschreibungen notwendig
Insgesamt würde sich eine „bebaute“ Fläche von ca. 8.532 Quadratmeter ergeben. Die beiden Flurstücke haben eine Fläche 11.056 Quadratmeter. Nach dem B-Plan ist 0,8 GRZ festgesetzt. Das heißt, es
könnten ca. 8.844 Quadratmeter bebaut werden. Radtke: „Aufgrund der geringfügigen Abweichungen innerhalb der GRZ sehe ich den Antrag für die Befreiung der Planungen für das Gewerbegebiet auch
städtebaulich vertretbar. Ferner sehe ich keine nachbarschaftlichen Probleme. Zudem ist eine Erzeugung von erneuerbarer Energie ein politischer Wille, bzw. der der Allgemeinheit. Der Ordnung
halber möchte ich darauf hinweisen, dass im Rahmen der anstehenden Veränderungen durch die Regierung eine Abschaffung des EEG in naher Zukunft erfolgen wird. Angekündigt sind bereits geänderte,
vereinfachte Ausschreibungen für erneuerbare Energien. Diese Anlagen sind systembedingt im ,Megawattbereich‘, um auch wirtschaftlich Strom zu erzeugen. Das neue geänderte Ausschreibungsverfahren
soll für anstehende Ausschreibungen (Termin 1. April 2022) gültig sein.“ Ein ähnliches Projekt hat Unternehmer Radtke im Landkreis Cuxhaven in der Stadt Geestland, Ortschaft Lintig, bereits
erfolgreich umsetzen können.
Umweltschutz vs. Bürokratie?
Scheinbar ist die erwünschte Befreiung im Landkreis Rotenburg/Wümme jedoch nicht so einfach zu realisieren. Denn Radtkes Anliegen wurde nicht entsprochen. In einem Schreiben vom 15. Februar
bestätigt Landrat Marco Prietz zwar, dass es der gemeinsame Wille von Bund, Ländern und auch der Kommunen sei, die Energiewende in Deutschland zum Erfolg zu führen, bzw. die erneuerbaren Energien
stark auszubauen. Dafür würden auf den unterschiedlichen Ebenen Anstrengungen unternommen. Den damit verbundenen Zielen fühle er, Prietz, sich verpflichtet. Dennoch müssten Vorhaben, die dem
Ausbau der erneuerbaren Energien dienten, mit dem Baurecht im Einklang stehen. Dies sei nach abermaliger Prüfung des oben genannten Anliegens derzeit nicht gegeben.
Zitat: „Wir werden der Energiewende zuliebe nicht von den Vorgaben abweichen können, die jeder andere Antragsteller auch einhalten muss. Dieses ist im Übrigen keine ,formal-juristische
Argumentation‘, sondern schlichte Rechtsanwendung, die auch der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dient. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass er gewisse Vorhaben von bestimmten
Vorgaben freistellt, hätte er dies gesetzlich so verankern müssen. Da dies hier nicht der Fall ist, können wir nicht eigenmächtig Ausnahmen definieren und zur Anwendung bringen.“
Radtke zeigte sich darüber im Gespräch mit unserem Magazin sehr enttäuscht, da der Landkreis Cuxhaven mit seiner Anlage in Lintig, laut Radtke ähnlich konstruiert, scheinbar keine Probleme hatte.
(rgp)