Landwirtschaftliche Flächen als Spekulationsobjekt?

Fachmann bestätigt einen merklichen Preisanstieg auch für unsere Region

Nicht nur die Preise für Häuser oder etwa Wohnungen sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Auch bei landwirtschaftlich genutzten Flächen war eine kontinuierliche Steigerung der Pacht- und Kaufpreise zu beobachten. Dabei sind die Preise für Agrarflächen je nach Region und Bundesland sehr unterschiedlich. Wie das Statistische Bundesamt (www.destatis.de) mitteilte, erhöhten sich die für landwirtschaftliche Grundstücke gezahlten Durchschnittspreise (ohne Inventar und Gebäude) in den vergangenen Jahren von 2009 bis 2018 auf das 2,3-fache.


In den vergangenen Monaten gab es zu diesem Thema Pressemitteilungen aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), laut denen Treiber der Entwicklung Investoren sind, die – vor allem seit der Finanzkrise 2007 – massiv Geld in den Bodenmarkt stecken. „Die Preise für Acker land sind explodiert – in den vergangenen 15 Jahren haben sie sich verdreifacht. Vor allem, weil diese Flächen durch Regelungslücken zum Spekulationsobjekt für Finanzinvestoren geworden sind. Die Verlierer dabei sind unsere Landwirte. Sie laufen Gefahr, einen fairen und bezahlbaren Zugang zu der Ressource zu verlieren, die ihnen das Einkommen sichert“, wurde zum Beispiel im März dieses Jahres Bundesministerin Julia Klöckner zitiert, welche die Bundesländer aufforderte, hier gegenzusteuern. Denn seit der Föderalismusreform I im Jahr 2006 sind die Länder für das landwirt-schaftliche Bodenrecht zuständig. Sie müssen das Grundstücksverkehrsgesetz des Bundes, welches landwirtschaftliche Betriebe sichern soll, reformieren.


Laut dem BMEL gehört über die Hälfte der Agrarfläche Deutschlands Nichtlandwirten und der seit vielen Jahren zu beobachtende Kaufpreisanstieg hat sich auch 2019 in ganz Deutschland fortgesetzt. Die Kaufpreise beliefen sich im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 26.439 Euro pro Hektar. Das war ein Plus von 3,7 Prozent oder 954 Euro gegenüber 2018. Damit wurde 2019 durchschnittlich ein um 204 Prozent höherer Kaufwert gezahlt als noch 2005. Insgesamt wechselten 84.831 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche den Besitzer. Und neben den Bodenpreisen steigen auch die Pachtpreise. Für viele Landwirte ist das ein großes Problem. Allein in Niedersachsen haben sie von 2010 bis 2016 230 Millionen Euro mehr Pachten an die Verpächter gezahlt. (ij)

 

Interview zum Thema


Die Entwicklung der Pacht- und Kaufpreise in unserer Region beobachtet auch Klaus Hinrich Heins aus Selsingen. Dieser vermittelt seit Jahren ländliche und landwirtschaftliche Immobilien (www.heins-agrarimmo.de) und beantwortete auf Nachfrage für unser Regionalmagazin einige Fragen.


Land & Leben: Herr Heins, können Sie diesen Trend für unsere Region bestätigen? Gab es für landwirtschaftlich genutzte Flächen in den letzten Jahren einen Preisanstieg?


K. H. Heins: Ja, es hat einen merklichen Preisanstieg gegeben, wobei zu bedenken ist, dass es seit den 1960er-Jahren keine wesentliche Erhöhung gab. Landwirte haben außerdem eine Vielzahl anderer Kosten zu tragen, die seitdem extrem stark angestiegen sind. Ich kann mich erinnern, dass 1967 eine Maurerstunde 6,50 DM kostete.


Land & Leben: Wer sind derzeit mehrheitlich Ihre Kunden mit Kaufabsichten? Und wollen diese bevorzugt große oder kleine Flächen erwerben?

 

K. H. Heins: Als Käufer treten Landwirte und auch an Landwirtschaft interessierte Menschen an mich heran, die kleine als auch große Flächen erwerben möchten.


Land & Leben: Was ist von den Käufern aktuell besonders gefragt?


K. H. Heins: Es werden Acker- und Grünlandflächen rege nachgefragt. Bei Wald flächen ist die Kaufbereitschaft derzeit eher verhalten.
Land & Leben bedankt sich für dieses Gespräch. (ij)

Zum Thema

Zum aktuellen Stand in Niedersachsen teilte das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unserer Redaktion Ende August auf Nachfrage mit:
Ein neues Gesetz ist bisher nicht angekündigt worden. Im nds. Koalitionsvertrag ist zur Sicherung der niedersächsischen Agrarstruktur mit zukunftsfähigen Familienbetrieben u. a. eine Stärkung der Grundstücksverkehrsausschüsse vorgesehen. Dazu finden regelmäßig Besprechungen mit den Vorsitzenden der Grundstückverkehrsausschüsse statt. Damit ist bis auf Weiteres der Weg eingeschlagen worden, die bestehenden Themen- und Problemfelder am Bodenmarkt anzugehen, indem der Vollzug des bestehenden Bodenrechts verbessert werden soll. Die Rechtsprechung hat hier zu vielen Entwicklungen in jüngerer Zeit maßgebliche Entscheidungen getroffen und Lösungen anhand des bestehenden Bodenrechts aufgezeigt. Das geltende Bodenrecht bietet Instrumente und Gestaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig sollen Spielräume für die Genehmigungsbehörden erhalten bleiben und ihnen Unterstützung beim Vollzug gegeben werden.


Grundstückverkehrsgesetz, Reichssiedlungsgesetz und Landpachtverkehrs-gesetz bezwecken bereits, den Gefahren zu begegnen, die ein ungesteuerter Bodenmarkt für die Agrarstruktur bringt. Sie dienen dem agrarpolitischen Ziel, leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe zu fördern und zu schaffen. Da Grund und Boden in der Land- und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor ist, der nicht unbeschränkt zur Verfügung steht, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten, die ihn selbst bewirtschaften, zugutekommen und vorbehalten bleiben - mit dem Ziel der Erhaltung bäuerlicher Betriebe in weitest möglichem Umfang in der Hand selbstständiger und als Eigentümer darauf wirtschaftender Familien. Der Zugang für Landwirte und deren Familien zu landwirtschaftlichen Flächen über Pacht oder Kauf zu angemessenen Preisen bleibt für uns weiterhin von zentraler Bedeutung für die Entwicklungsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe in Niedersachsen.